Weltmeister im Bezahlen
Die deutschen Autofahrer zahlen viel und bekommen wenig. Viel zu wenig.
„Genug gemolken!“ prangte da in fetten Lettern vor einigen Wochen im Nachrichtenmagazin „Focus“. Darüber ein Auto in Kuhform. Darin ein entzürnter Autofahrer. Daneben erschreckende Fakten: Die gut 51 Millionen Kraftfahrer in Deutschland nennt der Artikel „Melkkuh der Nation“. Denn rund 67 Milliarden Euro nimmt der Staat bei ihnen ein und gibt nur 19 Milliarden davon für Straßen wieder aus.
Und so schlüsselt der Artikel die 67,3 Milliarden Euro der Autofahrer-Abgaben auf: 35 Milliarden Euro kommen über die Mineralölsteuer zusammen, 14 Milliarden über die Mehrwertsteuer auf Treibstoffe, 8,5 Milliarden über die Kraftfahrzeugsteuer, 4,4 Milliarden über die LKW-Maut, 4,4 Milliarden über die Versicherungssteuer für Kfz und 1 Milliarde über Bußgelder und Strafzettel. Nur 19 Milliarden Euro werden davon in die Straße investiert. Und zwar 11 Milliarden in den Erhalt, die Modernisierung und den Aus- und Neubau sowie 8 Milliarden in den Betrieb inklusive Unterhalt von Parks und Verkehrssicherheitskampagnen.
In der Realität sieht das dann so aus: Die Staus auf deutschen Autobahnen werden immer länger, die Tempolimits „wegen Straßenschäden“ sind auf vielen Strecken schon der Normalzustand, und auch auf dem Land und in den Städten sind schlaglochfreie Pisten fast schon die Ausnahme. Hinzu kommen lange Umleitungen. Denn: Immer mehr Brücken in Deutschland sind wegen Einsturzgefahr gesperrt. Laut Focus sind in den Kommunen mehr als 30.000 Brücken marode, jede dritte davon muss abgerissen werden. Und auf Bundesstraßen und Autobahnen vergammeln noch mal 5000 Brücken.
Was ist da nur los? Wo kommt das ganze Geld hin, wenn nicht in die Infrastruktur? Das Geld der Autofahrer sei längst anderweitig verplant, hört man in Berlin. Für bessere Rentenleistungen, höhere Abgeordnetendiäten und den großen Rest.
Hinzu kommt: Wenn Geld für Straßenbau in die Hand genommen wird, dann bitte für neue, PR-trächtige Highways. Erhalt und Sanierung ist einfach unsexy. Das bestätigt laut eines Spiegel-Artikels der Bundesrechnungshof. Von den über zwei Milliarden Euro, die jährlich für den Erhalt der Bundesfernstraßen gedacht waren, wurden zwischen 2010 und 2012 mehr als 500 Millionen Euro in den Aus- und Neubau umgeleitet. Und auch zusätzliche Mittel fließen größtenteils in neue Autobahnen und Bundesstraßen. Über eine Milliarde Euro etwa stellte die Regierung in der vergangenen Legislaturperiode mit seinem Infrastruktur-Beschleunigungsprogramm zur Verfügung. Doch nur 14 Prozent davon hat der Bund in den Erhalt der Fernstraßen gesteckt, der Rest floss in den Neu- und Ausbau. Den Grund nennt ein erzürnter Bürger: „Unseren Politikern ist es wichtiger, eine neue Brücke oder Umgehungsstraße einzuweihen, als eine bestehende Straße zu sanieren. Denn da ist auch keine Kamera dabei.“ Stimmt das? Geben unsere Politiker da wirklich ihrer Sehnsucht nach, durch Spatenstiche und Eröffnungsfeiern Politik zu machen? Und warum wird so klein gedacht? Warum fehlt Deutschland der Sinn, dass ein zentrales Industrie- und Autoland wie die Bundesrepublik in großem Maße auf gut ausgebaute Straßen angewiesen ist. Dass eine Infrastruktur, die verfällt, nicht nur ein Armutszeugnis für unser Land ist, sondern auch Armut schafft?
Autofahrer bezahlen viel. Viel zu viel. Steuern, Gebühren, Bußgelder und Abgaben. Und sie bekommen viel zu wenig zurück. Und das Beste: Sie haben das längst bemerkt. In unserer aktuellen Online-Verkehrsumfrage von 2014 meinen 87% von 4103 Teilnehmer, dass sie als Autofahrer viel bezahlen und nur wenig Gegenleistung dafür bekommen. 92% der Teilnehmer geben an, dass Sie sich als Autofahrer von der Politik gar nicht oder nicht ausreichend vertreten fühlen. Also liebe Politiker, auch wenn Ihr meint, dass sich Autofahrer alles gefallen lassen. Das ist nicht so. Zeigt uns, wofür Ihr unsere Autofahrermilliarden wirklich verwendet, ansonsten wollen wir unser Geld zurück.