Im Interview mit Hubert Aiwanger, Freie Wähler, zur Mobilität, Automobilindustrie und CO2-Steuer
In der neuesten Ausgabe des Mobil in Deutschland-Magazins stellt sich Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, aktuellen Fragen rund um Mobilität, Auto und Verkehr.
Was war Ihr erstes Auto?
Mein erstes Auto war ein Opel Corsa mit 45 PS. Das war damals ein nettes Auto. Es erweiterte den Radius als junger Mensch schon enorm.
Was bedeutet für Sie persönlich Mobilität?
Mobilität bedeutet Freiheit und gerade auf dem Land auch soziale Teilhabe. Man braucht das Auto, um zu Veranstaltungen zu kommen oder um einkaufen zu können.
Deutschland und Bayern sind ein Autofahrerland und ein Autoindustrieland. Das Auto ist das Rückgrat unseres Wohlstandes. Wenn die Autobranche schwächelt,
dann schwächelt das ganze Land. Wie sehen Sie das?
Ohne Autoindustrie gehen in Bayern und Deutschland die Lichter aus. Deshalb müssen wir alles tun, um Arbeitsplätze und Produktion hier zu halten. Es ist in erster Linie Aufgabe der Unternehmen, die vorhandenen Produkte und Geschäftsmodelle zu überprüfen, zukunftsfähige Bereiche zu erschließen und damit Arbeitsplätze und Beschäftigung zu sichern. Die bayerische Staatsregierung hat schon 2018 mit der IG Metall, der vbw sowie bayerischen Herstellern und Zulieferern den „Pakt zur Zukunft der Fahrzeugindustrie“ geschlossen, um die Wettbewerbsfähigkeit und damit auch die Beschäftigung in der bayerischen Automobilindustrie zu sichern.
Robert Habeck von den Grünen meint: Wir sollten uns nichts vormachen. Der Autoindustrie drohe eine existenzielle Krise. Er fordert aber gleichzeitig das Ende des Verbrenners bis 2030. Das ist doch ein Widerspruch in sich und intrigant zugleich?
Das ist fast eine Drohung. Die übertriebenen Forderungen der Grünen bewirken genau diese Krise. Natürlich muss sich die Autoindustrie trotzdem weiterentwickeln. Die Automobilbranche steht vor einem grundlegenden Transformationsprozess: Der klimaschutzbedingte Wandel der Antriebstechnologie, die Digitalisierung in ihren vielen Facetten – automatisiertes Fahren, Industrie 4.0, Shared Mobility usw. – und die pauschale Verurteilung von Verbrennungsmotoren (Dieselkrise) bringen große Veränderungen für die Automobilwirtschaft mit sich. Zudem verschärfen derzeit internationale Handelskonflikte und konjunkturelle Schwankungen die Situation.
Sehen Sie eine Zukunft für den Verbrennermotor?
Eindeutig ja! Sowohl bei uns, aber vor allem auch im Export. Es wird noch über Jahrzehnte hinaus sinnvoll sein, den Verbrenner zu haben. Zum Beispiel auch mit e-Fuels. Daneben wird es sinnvolle Bereiche für die Batterie geben, insbesondere im innerstädtische Verkehr. Die größten Chancen und Einsatzbereiche sehe ich aber beim Wasserstoff und der Brennstoffzelle.
Die Grünen wollen Fliegen, Fleisch und SUVs verbieten, um dann aber selbst viel um die Welt zu jetten. Wie glaubwürdig ist so eine Partei?
Ich habe mich in letzter Zeit intensiv damit auseinandergesetzt. Indem sie ständig neue Angriffe auf bewährte Prozesse starten, bringen die Grünen massiv Unruhe in unsere Bevölkerung. Das führt dann zu Gegenreaktionen und gesellschaftlicher Spaltung.
Der CO2-Ausstoß ist bei uns seit 1990 um 22 % gesunken, weltweit aber um 57 % gestiegen. Wir können natürlich noch besser werden, aber sind diese unverhältnismäßigen Forderungen wie Fahrverbote und CO2-Steuer nicht völlig überzogen?
Wenn wir in München den mittleren Ring sperren und dann hunderttausende Autos auf Umwegen zum Ziel kommen wollen, ist das völlig daneben. Mein Ziel sind möglichst umweltfreundliche Antriebe, neue Verbrenner oder Wasserstoff, um Schadstoffe zu minimieren. Ich sehe darin auch eine große Chance für uns und unsere Industrie.
Eine CO2-Steuer belastet am Ende wieder Autofahrer. Es gibt doch wesentlich intelligentere Lösungen. Was schlagen Sie vor?
Ich setze auf Innovationen. Technologieoffen an die Sache herangehen: e-Fuels, Wasserstoff, Biogas.
Zu einer starken Wirtschaft gehört eine funktionierende Infrastruktur. Ist es nicht höchste Zeit für neue Infrastrukturprojekte?
Bauen anstatt verhindern! Zum Beispiel den Brennerzulauf oder Wasserstoff-Tankstellen. In diesem Tempo schaffen wir doch kein Wachstum und keine Nachhaltigkeit.
Technikoffen in die Motorisierung der nächsten Jahrzehnte forschen – das sehen viele Wissenschaftler so. Teilen Sie diese Meinung?
Ja. Darin liegt meines Erachtens die Lösung. Deshalb unterstützen wir ja Forschung und Entwicklung neuer Produkte und Technologien oder Pilotprojekte zu Mobilitätslösungen.
Für wie sinnvoll halten Sie generelle Tempolimits auf unseren Autobahnen?
Ich bin dagegen. Leider sind aber viele Autobahnen in einem so schlechten Zustand und mit so vielen Baustellen belastet, dass man ohnehin nicht schneller fahren kann.
Es gibt eine neue Gefahr im Straßenverkehr: Die Ablenkung am Steuer. Vor allem verursacht durch das Smartphone. Haben Sie das auch schon festgestellt?
Jede auch nur kurzfristige Ablenkung kann lebensgefährlich sein. Hier ruht meine Hoffnung auf noch mehr Technik, zum Beispiel Fahrerassistenzsysteme oder autonomes Fahren.
Herr Aiwanger, was sind Ihre großen Projekte in Bayern in den nächsten Jahren?
Ein ganz starker Fokus liegt auf der Einführung der Wasserstoffwirtschaft inklusive eines entsprechenden Tankstellennetzes. Darüber hinaus wollen wir die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien schaffen, die Autoindustrie erhalten und nach Möglichkeit stärken sowie den Transformationsprozess organisieren. Ich will den Mittelstand in Bayern weiter stärken. Und ein besonderes Anliegen ist es mir, der beruflichen Bildung und Qualifizierung wieder einen höheren Stellenwert zukommen zu lassen.
Fahren Sie gerne Auto?
Absolut.
Welches Auto fahren Sie zurzeit privat?
Einen Audi A4.
Vielen Dank für das Interview, Hubert Aiwanger.